Gut Förstel Glöckchen • Die Zeitung unserer Bewohner - Ausgabe 05/2016
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„Helfen ist unser Hand-
werk“ - und das seit 1931
Ein Blick zurück in die Fir-
mengeschichte des Unter-
nehmens ist auch ein Blick
in die deutsche Vergangen-
heit und zwischen der
Gründung der Orthopädi-
schen Werkstätten Gustav
Behnsen und dem Zu-
sammenschluss der Firmen
Albin Mayer GmbH und
Behnsen Orthopädietech-
nik im August 1998 zur
Mayer&Behnsen GmbH la-
gen geschichtsträchtige,
spannende, erfolgreiche,
aber nicht immer leichte
Jahre.
Gustav Behnsen, geboren
am 19. Mai 1904 in Hanno-
ver-Ricklingen, erlernte in
der orthopädischen Klinik
Hannover das Handwerk
des Orthopädie-und Chir-
urgiemechanikers, zu dem,
anders als heute, auch die
Herstellung chirurgischer
Instrumente gehörte. Von
da führte ihn sein Weg
nach Dresden in die Werk-
statt „Lang&Jungnickel“,
doch in Zeiten der Wirt-
schaftskrise war seine An-
stellung dort nicht von
Dauer. Glück für die Stadt
Thalheim im Erzgebirge,
in der Gustav Behnsens
Schwestern lebten und wo-
hin es nun auch ihn ver-
schlug. Sechs Wochen lang
arbeitete er als Strumpfwir-
ker, was ihn aber nicht er-
füllte. Im Juni 1931 grün-
dete er dann die Ortho-
pädischen Werkstätten
Gustav Behnsen, legte am
6. April 1937 in Chemnitz
die Meisterprüfung im Or-
thopädiemechaniker-
Handwerk ab. Nur zwei
Jahre später, 1939, erfolgte
seine Einberufung.
1943 setzte sich Ober-
meister Paul Mauriczat für
seine Entlassung aus dem
Kriegsdienst ein, da viele
Soldaten versehrt heim-
kehrten und er „Prothesen-
bauer“ war. Ein Beruf, der
nun umso dringender ge-
braucht wurde, ein Um-
stand, der ihn zuhause un-
verzichtbar machte und
ihm wohl auch das Leben
rettete – kurz vor Stalin-
grad, wo seine ganze Kom-
panie ausgelöscht wurde.
Nur zwei seiner Kameraden
überlebten.
Die Räume in der Schul-
straße reichten nicht mehr
aus, um all die Kriegsvete-
ranen zu versorgen und
Gustav Behnsen zog mit
seinen Werkstätten in die
Untere Bahnhofstraße um,
wo sich noch heute die Ge-
schäftsräume des Unter-
nehmens befinden. Seine
Entlassung vom Feld war
allerdings an die Bedingung
geknüpft, der SA beitreten
zu müssen und auch wenn
er nie für diese tätig war,
führte dieser unausweich-
liche Umstand 1945 zur
Enteignung durch die
neuen Machthaber.
Doch in den Kellerräumen
machte er weiter, auch
wenn es an allem fehlte au-
ßer an Motivation, Erfin-
dungsreichtum und hand-
werklichem Geschick. Es
gab weder Paßteile noch
Materialien, aus den alten
Maschinen der Neukirch-
ner-Fabrik stammte der
Stahl, aus dem Gustav
Behnsen die Schienen für
seine Hilfsmittel schmie-
dete. Dringend benötigte
Bruchbandfedern besorg-
te er in abenteuerlicher
Manier über die „grüne
Grenze“.
Einer seiner ersten Patien-
ten nach dem Krieg war ein
„Kommunist namens Pfef-
ferkorn“, so erinnerte er
sich, dem beide Beine am-
putiert worden waren. Die-
ser erwies sich nach seiner
prothetischen Versorgung
als dankbarer Helfer, der
den Orthopädiemechani-
kermeister abgesehen von
der Enteignung weitestge-
hend vor ärgeren Nachstel-
lungen bewahrte und da-
mit ermöglichte, dass er
sein helfendes Handwerk
trotzdem ausführen konnte.
Weiter erinnerte sich Gus-
tav Behnsen noch ganz ge-
nau an einen anderen Pa-
tienten, den 17jährigen
Herbert Hofmann, der im
letzten Aufbäumen des
Krieges, dem Volkssturm,
ebenfalls beide Beine ver-
lor. Sein Vater brachte ihn
in einem Handwagen, ohne
Hoffnung, ihn je wieder
laufen zu sehen. Doch er
sollte sich täuschen, der
junge Mann wurde mit zwei
Prothesen versorgt und
blieb bis zu seinem Tod im
Jahre 2003 ein dankbarer
Kunde der Firma.
Anfangs wurde Herr
Behnsen in seiner Arbeit al-
lein von Ehefrau Jenny
unterstützt, bis 1952 wuchs
das Team jedoch um einen
Meister, einen Gesellen und
eine Näherin an.
Die beiden Söhne Chris-
tian und Friedrich Behnsen
traten beruflich in die vä-
terlichen Fußstapfen, Chris-
tian verstarb jedoch 1948
tragisch an einem Blind-
darmdurchbruch. Friedrich
Behnsen, der 1964 seine
Meisterprüfung ablegte,
übernahm im Januar 1976
das Familiengeschäft. Vor-
gefertigte Paßteile konnten
über den VEB Medizinme-
chanik in Suhl bezogen
werden, was eine gewisse
Erleichterung und Rationa-
lisierung in der Fertigung
brachte, die klassischen
Materialien Leder, Holz,
Metall und Stoffe wurden
weiterhin in Handarbeit zu-
gerichtet. „Mut machen ge-
hört zu unseren Aufgaben“,
erklärt Friedrich Behnsen
in Familientradition, „denn
eine Prothese allein reicht
oft nicht aus.“ Gute Kennt-
nisse in der Anatomie sind
im Gesundheitshandwerk
ebenso nötig wie psycholo-
gisches Einfühlungsvermö-
gen, Ruhe und Freundlich-
keit im Umgang mit Men-
schen.
Die dritte Generation,
Hendrik Behnsen, trat 1988
ins Geschäft ein.
Albin Mayer, geboren am
29.3.1965 in Hof, kam 1991
aus Franken nach Zwönitz.
Der Diplom-Orthetiker/
Prothetiker und Bandagis-
tenmeister, der seinen
Bundesfachschulabschluss
Ende der Achziger Jahre in
Dortmund erwarb, eröff-
nete am 6.1.1992 sein Ge-
schäft auf der Niederzwö-
nitzer Straße 18, in den
Räumen einer ehemaligen
Bettfedernreinigung in
Zwönitz. Bereits 1993 folgte
eine Filiale in Marienberg.
Friedrich und Hendrik
Behnsen gratulierten zur
Geschäftseröffnung, wor-
aus sich ein gutes partner-
schaftliches Verhältnis
entwickelte.
Man präsentierte das ge-
meinsame Gewerbe zur
Handwerkermesse in Stoll-
berg und profitierte vom
Austausch klassischer und
neuer Fertigungstechniken
und schließlich lag es nahe,
beide Unternehmen zu ei-
ner Firma zu vereinigen.
Dies geschah im August
1998, die Albin Mayer
GmbH beschäftige zu die-
sem Zeitpunkt bereits 21
Mitarbeiter. Die Einwei-
hung des neuen Betriebge-
bäudes am Niederen Anger
11 in Zwönitz erfolgte am
18.09.1999. Nun fand sich
auch Raum für den Aufbau
der Orthopädieschuhtech-
nik. 2003 legte Hendrik
Behnsen in guter Tradition
ebenfalls die Meisterprü-
fung im Orthopädietechni-
ker-Handwerk ab.
Heute beschäftigt die
Firma Mayer&Behnsen ins-
gesamt 32 Mitarbeiter an
den Standorten Zwönitz,
Thalheim und Marienberg.
Eine Flotte aus 14 Fahrzeu-
gen ist für Kunden und Pa-
tienten unterwegs. Das Un-
ternehmen ist zertifiziert
und spezialisiert, zum Bei-
spiel als Rücken-Fuß-Bera-
tungszentrum, Bionic-Ex-
pert-Center, Lymphzent-
rum und Compression-
Center.
Besondere Schwerpunkte,
auch weit über die Grenzen
Sachsens hinaus, sind die
Versorgung von Poliopa-
tienten mit Stützorthesen,
sensomotorische Versor-
gungen, Kinderorthopädie
und Kinderreha, sowie
Myo- Prothetik und Bein-
prothetik in modernster
Fertigungstechnik.
Motivierte und bestens
geschulte Mitarbeiter er-
füllen das komplette Spek-
trum von Orthopädietech-
nik, Schuhtechnik, Sani-
tätshausfachhandel und
Rehabilitationstechnik. Sie
betreuen Patienten am
Telefon, im Ladengeschäft,
im Hausbesuch, in Klini-
ken und Pflegeeinrich-
tungen nach dem Motto:
„Der Mensch steht für
uns im Mittelpunkt –
Helfen mit Fachkompe-
tenz, Qualität und Tradi-
tion.“
Orthopädietechnik Mayer & Behnsen
GmbH
Qualität und Fachkompetenz mit Tradition – eine Firmengeschichte
Alte Werkstatt in Thalheim.
Innenansicht Geschäft Zwönitz
Geschäft in Zwönitz
Gustav Behnsen – Firmengrün-
der
Friedrich Behnsen
Fotos (7): privat
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